Brot kennt doch jeder, oder? Die meisten wissen sogar, was gutes Brot ist. Doch um Brot im Detail zu beschreiben, braucht man schon eine sehr gute Nase … und eine fundierte Ausbildung!
Mit der Nase ist er schon geboren, unser Martin. Und die Ausbildung hat er im Laufe dieses Jahres absolviert. In acht Modulen, die in der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim im Südwesten Deutschlands abgehalten werden, erfahren die angehenden Brotsommeliers alles rund ums Thema Brot-Degustation.
Zurück auf die Schulbank
Vollste Konzentration bei allen Brotsommelier-Studenten
Hochkarätige Referenten aus Wissenschaft und Praxis vermitteln dabei neueste Erkenntnisse aus den Bereichen Brotgeschichte, Kultur und Tradition des Brotes, Brot im Brauchtum und in den Religionen, Bedeutung des Brotes für die menschliche Ernährung, typische regionale Brotspezialitäten aus aller Welt, die richtige Lagerung und Frischhaltung des Brotes, Qualitätsfaktoren für Brot, optimale „Food-Pairings“ (welches Brot passt wozu; worauf kommt es beim Kombinieren an) und – zum Drüberstreuen – auch noch die aktuellen Marktzahlen zum Thema Brotkonsum.
Voraussetzung für die Teilnahme ist eine erfolgreiche Ausbildung zum Bäckermeister, idealerweise mit mehrjähriger Erfahrung im Berufsleben, bzw. ein vergleichbarer Abschluss in der Lebensmittelbranche.
Da freut er sich, der Martin! 😃 Nach bestandener Prüfung wurde mit Starkoch Johann Lafer gekocht!
Die Vollendung des Kurses bilden einige anspruchsvolle Prüfungen und eine Projektarbeit, in der ein selbst gewählter Teilaspekt der behandelten Themen näher untersucht und damit neues Wissen zum Thema Brot erworben wird.
Die Projektarbeit
Martins Arbeit trägt den eindrucksvollen Titel „Der Kärntner Brot O’Typ – Kann man den Geschmack verschiedener Kärntner Brotspezialitäten in einem gemeinsamen Brot vereinen? Gibt es eine Kärntner Brot-Essenz?“ und sie beschreibt den Weg vom Kennenlernen einzelner Brotspezialitäten aus allen Ecken unseres Bundeslandes bis hin zu unserem neuen Lieblingsbrot.
Martins Inspiration
Viele verschiedene Kärntner Brotspezialitäten beeinflussen unser Lieblingsbrot
Einfluss auf diese neue Brotsorte beim Wienerroither hatten Elfriede Stabentheiners Lesachtaler Bauernbrot, das Gailtaler Landmaisbrot von Thomas Matitz vulgo Stiefelbeck aus Kötschach-Mauthen, das Waldnussbrot der Bäckerei Egger aus Oberdrauburg, „Der Seidl“ vom Weissensteiner, das Dinkel-Roggenbrot vom Biogut Schloss Thalenstein, unser hauseigener Hadnstoppl und das Gurktaler Landbrot der Bäckerei Lackner aus Wolfsberg.
All diese Brotspezialitäten haben gemeinsame und gleichzeitig auch ganz individuelle Eigenschaften, aus denen Martin drei Brote entwickelte, um sie unseren Kunden zur Abstimmung zu präsentieren.
Als Sieger ging das Lieblingsbrot daraus hervor, das es inzwischen auch bei uns im Brotregal zu entdecken gibt. Es besteht hauptsächlich aus Waldstaudenkorn (- einer Urform des Roggens, auch als Johannisroggen oder lat. Secale multicaule bekannt -), etwas Hadn und Roggenschrot und einigen Saaten und Kernen und ist selbstverständlich nur mit Natursauerteig gelockert. Das Lieblingsbrot enthält also weder Weizen noch Hefe und eignet sich daher auch für Menschen mit bestimmten Nahrungsunverträglichkeiten.
Greif doch zu! Unser Lieblingsbrot ist einfach „ma guat“!
Die Sprache des Brotsommeliers
Und hier die Beschreibung dieses Brotes durch unseren frischgebackenen Brotsommelier:
Das Lieblingsbrot wurde von unseren Kunden als das typische Kärntner Bauernbrot gewählt, und es ist auch für mich am ehesten die Essenz der verschiedenen Brotspezialitäten meiner Heimat.
Das in Weckenform gebackene Brot hat eine kastanienbraune, mit Waldstaudenvollmehl bemehlte, schön aufgerissene Kruste und verströmt den herrlichen Geruch nach frisch gemahlenem Getreide.
Die mürbe, leicht offen geporte, malzbraune Krume erhält durch die Zugabe von Hadnmehl, Sonnenblumenkernen, Sesam und Leinsamen ihren körnigen fein-nussigen und leicht herben Geschmack.
Unser Lieblingsbrot ist der ideale Begleiter zu einer Kärntner Brettljause mit Speck, Trockenwürsten, Bergkäse und einer feinen Bauernbutter. Es eignet sich auch sehr gut als Frühstücksbrot, z. B. kombiniert mit einer frisch gekochten Eierspeise.
Als passendes Getränk empfehle ich einen frisch gepressten naturtrüben Apfelsaft oder ein dunkles Bier, das mit seiner leicht rauch-malzigen Note die verschiedenen Geschmacksnuance des Brotes hervorragend unterstreicht.
Na, wie ist’s? Kannst Du es riechen? Hast du den Geschmack schon auf der Zunge?
Ein Überblick: Was ist drin? Was passt dazu?
Und so wird’s gemacht – unser Lieblingsbrot-Rezept
Wir backen dieses herrliche Brot täglich für Dich in unserer Backstube in Pörtschach. Du kannst es Dir also bei uns holen, oder … jetzt gleich die Ärmel hochkrempeln, Dir die Zutaten richten und auf der Stelle selbst loslegen! Viel Vergnügen beim Backen!
Rezept: Lieblingsbrot vom Wienerroither
Zutaten
Für das Brühstück:
150 g Hadnvollmehl (=Buchweizenvollmehl)
160 g Roggenschrot grob
90 g Brotbrösel
650 g Wasser heiß
90 g Haferflocken
90 g Sonnenblumenkerne
45 g Leinsamen
45 g Sesam
Für den Teig:
1 kg Natursauerteig weich
250 g Wasser (ca. 30 ° C)
1 kg Waldstauden-Vollmehl
60 g Salz
1 g Fenchel gemahlen
1 g Anis gemahlen
1 g Koriander gemahlen
Anleitungen
Bereits am Vortag alle trockenen Zutaten für das Brühstück gut vermengen und mit dem heißen Wasser übergießen. Danach gut zudecken und über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen.
Am nächsten Morgen das Waldstauden-Vollmehl, den Natursauerteig, Wasser, Salz und Gewürze zusammen mit dem Brühstück auf niedriger Stufe für ungefähr 10 bis 12 Minuten im Kneter mischen. Den Teig anschließend für ca. 45 Minuten rasten lassen.
Die Brote auswiegen, rund wirken und in Weckenform bringen. Die Wecken mit Waldstauden-Vollmehl bemehlen und anschließend in Tüchern nochmals für ca. 60 Minuten auf Gare stellen.
Im heißen Ofen (ca. 260 ° C) mit etwas Dampf und bei fallender Temperatur schön knusprig backen.
Auskühlen lassen und genießen!
Brot ist täglicher Luxus
„Es ist wichtig,“, so Martin, „dem Genussmittel Brot seine Wertigkeit zurückzugeben. Brot ist – genauso wie Wein oder Käse – ein sehr vielschichtiges und abwechslungsreiches Lebensmittel und nicht einfach nur eine Unterlage für Wurst oder Nutella.
In Zeiten wie diesen, wo es ja bei allem den Trend zur Uniformierung gibt – ob im Kleidungs-, Frisuren- oder Lebensmittelsektor – und man in so manchem SB-Bereich sogar schon „Brot in Käfighaltung“ finden kann, ist es mir umso wichtiger, auf die Geschmacksvielfalt dieses traditionellen Grundnahrungsmittels aufmerksam zu machen. Brot ist die günstigste Art, sich täglich ein Stück Luxus zu leisten.“
Spricht’s und macht sich auf den Weg in seine Experimentier-Backstube, wo schon der nächste Teig auf ihn wartet.
Wir freuen uns jedenfalls riesig, von nun an nicht nur viele ausgezeichnete Bäckermeister und Meisterbäcker, sondern auch einen kompetenten und leidenschaftlichen Brotsommelier beim Wienerroither zu haben – Kärnten’s ersten seiner Art übrigens!
Und noch schnell ein PS an den lieben Gott: Vielen Dank für diese wunderbare Nase!!! 😉
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